Schwiegershausen
Schwiegershausen im Wandel der Jahrhunderte
Nordwestlich der heutigen Ortslage von Schwiegershausen bestand bereits vor 7200 Jahren eine kleine Siedlung, die der bandkeramischen Kultur zugerechnet wird. Im Mittelalter kam es zur Anlage eines Dorfes in der von Hügeln umgebenen Talaue. Die fruchtbaren Lößböden ermöglichten eine landwirtschaftliche Nutzung des Geländes, auch wenn die zum Teil steil abfallenden Hänge dessen Bearbeitung erschwerten. Die mittelalterliche Siedlung lag relativ abgeschlossen, da keine Straße überregionaler Bedeutung das Dorf durchzog, es bestanden lediglich einige Verbindungswege zu den benachbarten Siedlungen.
Schwiegershausen gehörte seit dem 12. Jahrhundert zum Herrschaftsbereich der Welfen. Die Grundherrschaft hatten verschiedene Adelsfamilien und Klöster inne. So verfügten neben den welfischen Landesherren auch die Grafen von Northeim, die Grafen von Katlenburg und die Grafen von Waldeck sowie die Herren von Bovenden und die Herren von Windhausen über Rechte und Besitzungen in Schwiegershausen. Auch die Klöster Pöhlde, Katlenburg, Northeim und St. Jacobi in Osterode besaßen Rechte in dem Dorf. Die Vielzahl von Besitzern und Inhabern von Rechten macht deutlich, wie kompliziert die Verhältnisse in dieser Siedlung waren, die - wie eine Urkunde aus dem Jahr 1315 berichtet - lediglich aus einem großen Meierhof und 14 kleineren Hofstellen bestand. Die spätere Bezeichnung Junkernhof, die heute noch in einer Straßenbezeichnung fortlebt, erinnert an den adeligen Grundherren dieses großen Hofes. Mit der Aufhebung der Klöster während der Reformation fielen deren Besitzungen an den Landesherren. Auch durch Erbschaften bzw. durch den sogenannten Heimfall von Lehen gelang es den Herzögen von Braunschweig-Grubenhagen, zum größten Grundherrn in Schwiegershausen zu werden. Im Jahre 1599 zählte man 64 Hofstellen im Dorf.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648) kam es auch in Schwiegershausen zu zahlreichen Zerstörungen. Plünderungen und Kontributionen ließen die Einwohner verarmen. Gewalttaten durchziehender Truppen und Seuchen dezimierten die Bevölkerung. Ähnliche Folgen für die Menschen hatte auch der Siebenjährige Krieg (1756 - 1763), in dessen Verlauf das Dorf mehrfach von französischen Soldaten besetzt wurde. 1698 lebten 379 Einwohner in der Gemeinde.
Im 18. Jahrhundert verbesserte die Einführung des Kartoffelanbaues und vor allem der verstärkte Anbau von Flachs und dessen Weiterverarbeitung zu Leinen die Ertragslage der Höhe. Im Dorf gab es auch einige Handwerker, die jedoch fast ausschließlich die landwirtschaftlichen Produkte weiterverarbeiteten (Mühle bereits seit 1250) bzw. für die bäuerlichen Betriebe (z. B. Stellmacher, Schmiede) produzierten.
Im 19. Jahrhundert kam es durch die Ablösung, Verkopplung und Teilung zu einer grundlegenden Neuordnung der Landwirtschaft in Schwiegershausen. Jahrhundertelang waren die einzelnen Bauern von ihren adeligen oder geistlichen Grundherren abhängig. Sie mussten hohe Abgaben zahlen und waren zur Ableistung zahlreicher Dienste verpflichtet. Außerdem hatte der Grundherr die Möglichkeit, ihm missliebige Bauern von den Höfen zu verjagen. Die verschiedenen Abgaben und Dienste wurden in Schwiegershausen ab 1842 schrittweise abgelöst, d. h. durch hohe Geldzahlungen konnten sich die Bauern die Aufhebung der grundherrlichen Lasten erkaufen. Die dienstpflichtigen Meier- und Kothöfe wurden dadurch in freie Bauernstellen umgewandelt. Die dafür notwendigen Gelder konnten als langfristige Kredite bei der Hannoverschen Landeskreditanstalt aufgenommen werden. Zwischen 1892 und 1897 erhielten die landwirtschaftlich genutzten Flächen der Schwiegershäuser Feldmarkt in einem sogenannten Teilung- und Verkopplungsverfahren einen neuen Zuschnitt. Die Allmendeflächen, die bislang von allen Gemeindeberechtigten genutzt wurden, verteilte man dabei auf die einzelnen Höfe. Viele Felder und Weiden, die durch Erbteilungen in sehr kleine Parzellen unterteilt worden waren, legte man nunmehr zu größeren und besser zu bewirtschaftenden Flächen zusammen. Ablösung, Teilung und Verkopplung hatten die Schwiegershäuser Landwirtschaft auf eine moderne Grundlage gestellt.
Die verkehrliche Erschließung der Gemeinde verbesserte man durch den 1867 erfolgen Ausbau der Straße Osterode - Schwiegershausen - Krebeck. Das Dorf, das bis Mitte des 19. Jahrhunderts als arm galt, gelangte zu einem gewissen Wohlstand. Es war nun das erforderliche Kapital vorhanden, die Landwirtschaft schrittweise zu mechanisieren. Der verstärkte Düngereinsatz verbesserte die Betriebsergebnisse der Höfe. Es kam zur Gründung von Genossenschaften. Eine Forstgenossenschaft bewirtschaftete den 1863 im Zuge der Ablösung alter Rechte an den Staatsforsten erworbenen Wald. Die seit 1900 von einer Genossenschaft betriebene Molkerei führte, da nunmehr eine effektive Verarbeitung der Milch möglich wurde, zu einer Ausweitung der Milchviehhaltung im Dorf (Molkerei bestand bis 1970).
Auch die Errichtung eines neuen Schulhauses im Jahre 1904 wiesen auf den Wohlstand, den die Gemeinde erworben hatte, hin. Der Anschluss an das Stromnetz 1912 und 1927/1928 der Bau einer Gemeindewasserleitung, die die alten Brunnen ersetzte, verbesserten die Infrastruktur des Dorfes. Auch nach dem 2. Weltkrieg blieb die Landwirtschaft zunächst noch der Haupterwerbszweig der Bevölkerung des Dorfes. Mit der Eingliederung der Flüchtlinge, die Einwohnerzahl wuchs von 1446 Einwohnern im Jahr 1939 auf 2170 im Jahr 1949, änderte sich die Bevölkerungstruktur des Ortes. In neuen Baugebieten entstand zusätzlicher Wohnraum. Für die Zuwanderer standen im Dorf nur wenige Arbeitsplätze in Landwirtschaft und Handwerk zur Verfügung. Gleichzeitig verringerte sich der Arbeitskräftebedarf durch den Wandel in der Landwirtschaft. Die Anzahl der Bauernhöfe fiel von 250 Haupt- und Nebenerwerbshöfen 1950 auf 31 landwirtschaftliche Betriebe im Jahr 1989, wovon 12 nur noch im Nebenerwerb betrieben wurden. Immer mehr Einwohner des Dorfes waren gezwungen, als Pendler in anderen Orten - insbesondere in der Industriestadt Osterode - Arbeit anzunehmen. 1971 wurde Schwiegershausen in die Stadt Osterode am Harz eingemeindet. In der Ortschaft leben heute 1666Einwohner (Stand Juli 2012).